Das Gespräch
Im Gespräch gibt es den Hörer und Frager und den Sprecher. Sofort haben wir das Bild eines lehrenden, klugen und eines belehrten, unwissenden Gesprächspartners. Der Redner ist der Gestalter, der Hörer der gestaltete. Das ist natürlich richtig. Es steht dem aber zugleich die Erfahrung entgegen, dass der Sprecher auf den Frager und Hörer angewiesen ist. Der Sprecher kann jederzeit Worte aneinanderreihen - auch ohne Publikum. Es gibt aber Hörende, vor denen man als Sprecher das Erlebnis hat, als dieser bestimmte Mensch der man ist, erst in Erscheinung zu treten. Als würde man aus einer Verborgenheit hervorgelockt. Neben der richtigen Aussage, dass der Sprecher als Gestalter erscheint, tritt die wahre Aussage, dass der Hörende und Fragende den Sprecher aus der Verborgenheit in seine (des Sprechers) Anwesenheit empfängt. Sein Zurücktreten gewährt den Raum, in den sich der Sprecher entbirgt und in dem der Sprecher sich selbst erfährt. Der Hörer wird zum Lehrer und der Sprecher zum Schüler.
max
Momo
"Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war: Zuhören. Das ist doch nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum. Wirklich zuhören können nur ganz wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig.
Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte, nein, sie sass nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme. Dabei schaute sie den anderen mit ihren grossen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm auf einmal Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten.